Angststörungen
Angst ist ein Teil unseres Gefühlslebens und deshalb durchaus sinnvoll. Als Warn- und Alarmsignal hilft die Angst auf Bedrohungen von außen und Störungen von innen aufmerksam zu machen. Damit ist die Angst ein lebensnotwendiger Anpassungs- und Lernvorgang.
Angststörungen sind psychische Störungen, bei denen die Furcht vor einem Objekt oder einer Situation so stark im Vordergrund steht, dass das alltägliche Leben in vielen Bereichen stark eingeschränkt ist.
Man bezeichnet Angst als krankhaft, wenn:
- sie übermäßig stark ist
- Dauer und Häufigkeit der Angstzustände mit der Zeit zunehmen
- die Betroffenen nicht in der Lage sind, die Angst aus eigener Kraft zu überwinden
- die aktuellen Lebensumstände das Ausmaß der Angst nicht erklären können.
Besteht die Angststörung schon seit längerer Zeit, so kommt es üblicherweise zu einem massiven Rückzug aus dem Alltag. Orte und Situationen, die Angst machen, werden gemieden. Häufig ist soziale Isolation die Folge.
Schätzungen zufolge leiden etwa zehn Prozent der Bevölkerung innerhalb eines Jahres an Angsterkrankungen, die behandlungsbedürftig sind. Meist tritt die Erkrankung vor dem 45. Lebensjahr auf. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Ursachen für Angststörungen
Eine genaue Ursache für die Entstehung von Angststörungen ist nicht bekannt. Es gibt unterschiedliche Ansätze zur Erklärung der Ursache. Beispielsweise geht man bei der psychoanalytischen und der lerntheoretischen Theorie davon aus, dass die Ursache der Erkrankung in der Kindheit liegt. Die neurobiologische Theorie dagegen sagt, dass die Veranlagung zur Angsterkrankung angeboren ist.
Arten von Angststörungen
Experten unterscheiden bei einer Angststörung zwischen gerichteter und ungerichteter Angst:
Gerichtete Ängste treten in ganz bestimmten Situationen oder gegenüber ganz bestimmten Objekten auf. Sie werden auch als Phobien bezeichnet.
Gerichtete Ängste bei einer Angststörung sind:
- Agoraphobie (Angst vor offenen, weiten Plätzen)
- Soziale Phobie (Angst vor dem Umgang mit anderen Menschen)
- Spezifische Phobien (Angst tritt nur in Konfrontation mit ganz bestimmten Objekten oder Situationen auf, z.B.:
Tierphobien: Angst vor Spinnen, Hunden, Mäusen
Situative Phobien: Flugangst, Höhenangst, Tunnel, Aufzüge, Dunkelheit
Natur-Phobien: Donner, Wasser, Wald, Naturgewalten
Anblick von Blut, Spritzen, Verletzungen.
Ungerichtete Ängste dagegen haben keinen spezifischen Auslöser.
Zu den ungerichteten Ängsten im Rahmen einer Angststörung zählen:
- Panikstörungen (plötzliche, episodische Angst)
- Generalisierte Angststörung (dauerhafte Angst)
Symptome von Angststörungen
Angststörungen äußern sich zum einen durch seelische Symptome, nämlich das intensive Empfinden von Angst und Bedrohung bis zur Panik. Daneben treten körperliche Beschwerden auf, die auch völlig im Vordergrund stehen können.
Insbesondere bei der Panikstörung kommt es häufig zu Herzrasen und dem Gefühl, das Herz schlage unregelmäßig. Auch Schwitzen, Zittern, Erstickungsgefühl und Schmerzen an unterschiedlichen Stellen des Körpers treten auf. Meist dauert die Panikattacke einige Minuten lang an, der Betroffene verlässt typischerweise den Raum und meidet anschließend die Panik auslösende Ursache.
Diagnose von Angststörungen
Um die Diagnose einer Angststörung zu stellen, wird der Arzt zunächst ein ausführliches Gespräch mit dem Betroffenen führen (Anamnese). Dabei können auch spezielle Angstfragebögen eingesetzt werden. Es erfolgen eine internistische und neurologische Untersuchung und eine Blutabnahme. Bei allen Angststörungen, für die sich eine andere Erkrankung als Ursache herausfinden lässt, spricht man von einer sekundären Angstsympomatik. Hier behandelt der Arzt vor allem die Grunderkrankung und erst in zweiter Linie die Angstsymptome.
Echte Angststörungen sind im Gegensatz dazu primäre Angsterkrankungen, für die es keine andere medizinische Erklärung gibt und die therapiert sein sollen. Es kann bei der Diagnosestellung und Planung der Therapie hilfreich sein, ein Angsttagebuch zu führen. Hierin werden Häufigkeit und Art der Symptome schriftlich festgehalten.
Therapie bei Angststörungen
Als gut wirksame Behandlung von Angststörungen hat sich die Kombination von Medikamenten mit verschiedenen anderen Therapien erwiesen.
Um die innere Anspannung bei Angststörungen zu lindern, ist die Anwendung von Entspannungstechniken wie dem autogenen Training, der progressiven Muskelentspannung oder so genannter Biofeedback-Verfahren hilfreich.
Bei der kognitiven Therapie lernt der Betroffene, bestimmte körperliche Symptome und Denkweisen als Auslöser der Angst zunächst zu erkennen und anschließend bewusst zu versuchen, sie zu berichtigen.
Durch die Verhaltenstherapie soll der Betroffene lernen, sich dem Auslöser seiner Angst zu stellen anstatt ihn zu meiden. Es werden die “Desensibilisierung” und zum anderen die “Reizkonfrontation” angewendet.
Die Soziotherapie verfolgt das Ziel, die soziale Ausgrenzung der Betroffenen zu mildern und den Wiedereinstieg in das soziale und berufliche Leben zu fördern.
Mithilfe tiefenpsychologischer Verfahren versucht man, die in der Kindheit vermutete Ursache der Angststörung zu behandeln. Diese Behandlung erstreckt sich häufig über Jahre.
Zur medikamentösen Behandlung von Angststörungen setzt man Antidepressiva ein.
Verlauf von Angststörungen
Der Verlauf einer Angststörung ist abhängig vom Beginn der Erkrankung. Beispielsweise verschwinden in der Kindheit begonnene Phobien häufig im Laufe des Erwachsenenalters. Eine Angststörung kann aber auch chronisch werden. Je früher im Krankheitsverlauf die Diagnose gestellt und eine Behandlung begonnen werden, umso besser ist die Prognose der Erkrankung.
Menschen mit einer Angststörung haben ein erhöhtes Risiko für Alkohol- oder anderen Suchtmittel-Missbrauch, da sie so ihre Beschwerden dämpfen möchten. Im schlimmsten Fall kommt es zur völligen Isolierung des Betroffenen.
Die frühe Diagnose und Behandlung der Angststörung sind wichtig. So kann versucht werden, einen chronischen Verlauf der Erkrankung bis hin zur Isolierung des Betroffenen zu vermeiden. Angst oder Panik auslösende Situationen sollten vom Betroffenen bewusst gesucht anstatt gemieden werden. So kann er lernen, dass die jeweilige Situation ungefährlich ist. Einem gefährlichen Vermeidungsverhalten kann so frühzeitig vorgebeugt werden.
Das sollten Sie wissen:
Sie sind nicht alleine! Angststörungen sind weit verbreitet. Fünf von 100 Menschen leiden an einer Angststörung.
Es kann Ihnen geholfen werden! Versuchen Sie, so schnell wie möglich professionelle Hilfe aufzusuchen. Je länger Sie diesen Schritt hinausschieben, desto schwieriger wird die Therapie der Angststörung. Wenden Sie sich an eine vertraute Person, einen vertrauenswürdigen Arzt. Diese Menschen können Ihnen helfen, sich über mögliche Therapiemöglichkeiten zu informieren. Versuchen Sie nicht mit der Störung alleine zu Recht zu kommen oder sich damit zu arrangieren. Gehen Sie dagegen vor!
Versuchen Sie nicht, durch Vermeidung der angstauslösenden Situation Ihre Angststörung in den Griff zu bekommen. Dadurch verhindern Sie eher eine Lösung. Meist entstehen lediglich weitere Schwierigkeiten, weil sich die Angst nur stärker in Ihrem Leben verfestigt.
Nehmen Sie nicht immer wieder Beruhigungsmittel (z. B. Benzodiazepine) zur Dämpfung der Angst ein. Diese Beruhigungsmittel können leicht abhängig machen. Die Therapie der Angststörung wird dadurch zusätzlich erschwert.
Vermeiden Sie es, Alkohol als Angstlöser einzusetzen! Alkohol kann, wenn überhaupt, nur im Moment helfen. Auch hier besteht die Gefahr einer Abhängigkeit, was die Situation entscheidend verschlimmert. Allgemein sollte Alkohol niemals als Problemlöser eingesetzt werden!
Unbehandelt kann eine Angststörung über Jahrzehnte bestehen und sich sogar verstärken. Wie sie verläuft, hängt immer auch davon ab, wie groß die “Angst vor der Angst” ist. Die Befürchtung, in angstauslösende Situationen zu geraten, führt oft zu einem starken Vermeidungsverhalten. Wer seine Reaktion unter schwierigen Umständen aber nicht überprüft, kann auch keine Erfolgserlebnisse für sich verbuchen.
Der Verlauf der unterschiedlichen Angststörungen hängt nicht nur von der Art der Beschwerden ab. Entscheidend ist vor allem, ob und wie schnell der Betroffene Hilfe sucht. Im Rahmen einer Therapie und einer medikamentösen Behandlung lässt sich die Angst meist gut beherrschen.